So oft schütteln die Menschen ihren Kopf und fragen mich ungläubig,wie ich das nur hin bekomme, so gelassen zu reagieren. Neben mir sitzt meine kleine Tochter und verwandelt unsere Wohnung in einen riesigen Experimentierraum. Da wird Mehl über den gesamten Boden verstreut, der Reis wird zum Kochen genutzt, die Fingermalfarbe verbreitet sich nicht nur auf den weißen Blättern. Immer wieder ertönt : “ Mama Mama Mama“ , ständig neue Gedanken in ihrem kleinen Köpfchen, immer wieder neue Entdeckertouren. Sie ist ein so wundervoll, lebendiges kleines Wesen. Natürlich wäre es am tollsten, wenn ich mit ihr gemeinsam den ganzen Tag durch Regenpfützen springen könnte, bunte Bilder malen, wilde Geschichten erfinden und so weiter. Aber da gibt es ja noch die Pflicht erfüllende Zeit eines Erwachsenen Menschen. Bei mir unter anderen, meine Arbeit, meine pflegebedürftige Mama, einen Heranwachsenden Sohn und nicht zu vergessen, diese wunderschöne Wohnung hier, die sich ja leider nicht von alleine putzt. Wie schaffe ich es also, all diese Dinge unter einen Hut zu bringen und dabei auch noch gelassen und glücklich zu bleiben? Nun, ich setze Prioritäten und konzentriere mich auf die Dinge, die ich wirklich tatsächlich in diesem Moment machen möchte. Praktisch sieht das dann so aus: ich habe mir vorgenommen unbedingt mal meine Papiere zu sortieren. Im selben Moment kommt meine Tochter auf die glorreiche Idee mit Mehl den Boden einzubacken. Ich könnte jetzt natürlich dafür sorgen, dass sie dies nicht tut, damit die Küche schön sauber bleibt. Aber ich lasse sie gewähren, denn mein Wunsch war ja, die Papiere zu sortieren. So schaffe ich eine Aufgabe, die ich mir fest vorgenommen habe und das Mehl vom Boden kehre ich danach einfach wieder weg. Wer so lebt, wird fast automatisch immer wieder Menschen begegnen, die einen mit gut gemeinten Ratschlägen überschütten. Dies kann man sich natürlich anhören. Dann ist es aber ganz wichtig, in seinen Bauch hinein zu spüren . Zwänge loslassen und vorgegebene Regeln wirklich einmal zu hinterfragen. Wenn ich etwas verbiete, frage ich mich immer : warum? Ist die Antwort einzig und allein: „…weil das schon immer so gemacht wurde…“, ist diese Regel meistens alt,dogmatisch und darf verworfen werden.
Wir Menschen möchten eigentlich alle nur eines: sich angenommen und geliebt fühlen. Vor lauter Angst, dass dies nicht geschehen könnte, reagieren wir vielschichtig verwirrt und mit einer bunten Palette aus Ängsten. Wir passen uns dem gesellschaftlich vorgegebenen Normen an. In so manch einer Situation fühlen wir uns dann unbehaglich. Woher dieses Gefühl kommt? Weil in uns ein wilder Konflikt wütet.
Ein Beispiel:
Du sitzt mit Menschen zusammen und ihr unterhaltet euch. Einer oder Eine von ihnen spricht über etwas, was dir nicht gefällt. Du sagst nichts dazu, lächelst UND fühlst dich nicht wohl. Warum? Weil du nicht unhöflich sein wolltest und geschwiegen hast, obwohl dein Bauch dir etwas ganz anderes zum fühlen geschenkt hat.
Noch ein Beispiel:
Du gehst mit deinem kleinen Kind einkaufen. Sagen wir, dein Kind ist 1 1/2 Jahre alt. Du gibst ihm immer auf dem Weg durch die Regale, Weintrauben zum essen. Da kommt auf einmal eine Dame zu dir und meint: “ Entschuldigung, aber ich glaube die Weintrauben sind nicht gut für ihr Kind. Es könnte sich leicht an den Kernen verschlucken.“ Du lächelst mild und gehst mit Wut im Bauch zum nächsten Regal. Warum fühlst du dich so? Du fühlst scheinbar diesen Konflikt in dir. Du sollst eine gute Mutter sein, aber diese Frau stellte in dieser Minisequenz dies in Frage. Empörend,oder?
Versteht mich nicht falsch, ich finde Regeln durchaus wichtig, damit wir in dieser Gesellschaft gemeinsam leben können. Was mich nur stört ist, das wir uns gegenseitig sooft wehtun.
Durch Worte oder stilles Denunzieren von Anderen Menschen, welche anders Leben, als die Norm es „vorschreibt“, ist nicht gerade sozial und daher verstößt dies auch gegen eine hohe, gesellschaftliche Norm : “ Wir gehen freundlich und respektvoll miteinander um.“ Spannend, diese NORM.
Sobald Jemand ANDERS ist, nicht angepasst, nicht lächelnd leise, wird entweder versucht, diesen Menschen wieder in ein Normgerechtes Bild zu pressen oder dieser Mensch ist bis auf weiteres ein Gesellschaftlicher Schandfleck und wird stets mit nackten Fingern daran erinnert, wie „Fehlerhaft“ er doch ist.
Und weil Du Angst davor hast, ein „gesellschaftlicher Schandfleck“ zu sein, bleibst du leise. Zumindest immer dort, wo du nicht weißt, wer dich verurteilen könnte.
Du musst nicht schreien, um laut zu sein. Du darfst aber so sein, wie dein Bauch es dir schon längst flüstert. In deinem Kopf sitzen VIELE – viele Meinungen, aber einzig in deinem Bauch wohnst DU.
Du darfst vermeintliche Fehler machen, denn du bist Mensch.
Du darfst so leben, wie du es möchtest ( solange Niemand dabei verletzt wird), denn du bist Mensch.
Du darfst Jetzt aufhören dich weiter zu VERNEINEN.
Ich wünsche dir unendlich viel Freude beim Entdecken deines Selbst. Und nur mal so am Rande: Ich habe in meinem Leben schon so viele Fehlentscheidungen getroffen und unüberlegte Dinge getan, aber aus jetziger Sicht ergeben sie Alle einen Sinn und haben mich genau Hierhin getragen und dafür bin ich unendlich Dankbar.
